Familiengruppenwanderung - Die Wipptal-Gschnitzer-Hüttenrunde

08.02.2024

Bei unserer Familientour, die auf der Grenze von Österreich und Italien entlangführte, kamen unsere Familien in den Genuss von Bergen und Tälern. Neben den Wanderungen gab es genügen Zeit für die Kinder sich auszutoben und die Bergwelt zu erkunden. 

Wir haben uns gerade im Lager des Naturfreundehauses ausgebreitet, als draußen das Inferno losbricht: es donnert, hagelt, es regnet in Strömen! Die steil abfallenden Wände des Gschnitzer Tribulaun verwandeln sich auf einmal in Wasserfälle. Die Querung durch das Schotterkar am Wandfuß, wo wir noch vor ein paar Minuten entlang wanderten, war ohnehin schon rutschig und bröselig. Jetzt sind die Wände durch den Hagel weiß, und es st sicherlich eine einzige Rutschpartie und steinschlaggefährdet obendrein. Der Hüttenwart sucht besorgt die wasserfallartigen, hagelbedeckten Wände im Talschluss mit dem Feldstecher ab, denn es werden noch Gäste erwartet . . .

Bergerfahrene Gipfelstürmer – Von Gschnitz zur Innsbrucker Hütte

Aber von vorne: Am 12. 8. trafen wir uns im Gschnitztal in der Nähe des Brenners/Wipptal zur 5-Tages-Hüttentour mit der Familiengruppe unter der Leitung von Christine und Niki Nieland. Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und Kondition für mehrtägige Hüttentouren mit schwerem Gepäck waren die Voraussetzung dieser Familiengruppentour. Und es ging auch gleich steil bergauf: Über den Jubiläumsweg zur Innsbrucker Hütte sind es immerhin 1120 Hm. Entlang eines Bächleins geht es zuerst durch schattigen Wald immer in Serpentinen aufwärts, oberhalb der Waldgrenze hat man einen prächtigen Panoramablick über das Tal und die schroffen Dolomitberge der Tribulaune. Der Aufstieg wurde mit einer Wassermelone (Danke, Annika!) und einer Erfrischung im Bach versüßt. Wir haben nach nunmehr 13 Jahren Familiengruppen-Wanderungen die Erfahrung gemacht, dass die Kinder – sobald andere Familien dabei sind – mit Leichtigkeit losspringen, hüpfen und die Berge erklimmen. So war es auch dieses Mal – die bergerfahrenen Gipfelstürmer-Kinder bzw. Jugendlichen kraxeln voran und sind stets ganz vorne. Als Teil der Gschnitztaler Hüttenrunde und des Stubaier Höhenwegs ist man auf der beliebten Innsbrucker Hütte nicht allein. Das Lager, die Stube, der Waschraum – alles ist übervoll, aber die Hütte ist dennoch gemütlich. Die Gipfelstürmer spielen „Werwolf“ im Lager und wir Eltern verbringen einen gemütlichen Hüttenabend im engen Gastraum.

Kursziel: Berge mit Kindern und Familie genießen!


Von der Innsbrucker Hütte laufen wir entlang des Stubaier Höhenwegs. Es ist mit 6 bis 7 Stunden reiner Gehzeit die längste Etappe des Stubaier Höhenweges. Die Etappe am Fuße des Habichts (3277 m) ist langwierig mit mehrmaligen Auf- und Abstiegen, aber dafür wird man immer belohnt mit schönen Tiefblicken ins Gschnitztal. Wir laufen über schrofige Felsplatten und steile Hänge des Stubai-Kristallins in zum Teil schwierigen, an einigen Stellen mit Drahtseil und Trittstufen gesicherten Passagen. Die angegebene reine Gehzeit können wir nie einhalten, denn gemütliche Pausen sind obligatorisch. Schließlich lautete das Kursziel: Berge mit Kindern und Familie genießen! Im eiskalten, glasklaren Lautersee oberhalb der Bremer Hütte legen wir eine Badepause ein, bevor es über leichte Klettersteigpassagen (A-Stellen) zur Bremer Hütte geht. Puh, geschafft! Während wir Erwachsenen ziemlich erledigt von der langen Tour sind, hüpfen die Kinder schon wieder im Sonnenuntergang um die Hütte und spielen Räuber und Gendarm.

Zur Magdeburger Hütte – Cremona alla Stua

Diese Etappe ist kürzer, aber nicht zu unterschätzen. Der Übergang von der Bremer Hütte zur Magdeburger Hütte ist ein hochalpiner, schwieriger Übergang. In der Nacht hat es in Strömen geregnet und nun herrscht strahlender Sonnenschein. Alles glitzert und glänzt, wir können uns an den Wiesenblumen sattsehen und die klare, frische Luft genießen – Licht und Leben einatmen! Erst mal müssen alle über den Bach springen und dann geht es wieder steil den Berg hinauf. Die Kinder lieben solche Kraxeleien – so wird eine Bergwanderung nicht langweilig. Von der Bremer Scharte ergibt sich ein wunderbarer Blick: Auf österreichischer Seite blicken wir auf den Habicht und auf italienischer Seite kann man bis in die Sextener Dolomiten schauen. Bis in den Frühsommer muss man hier noch mit Altschneefeldern rechnen. Niki hat sicherheitshalber Pickel und Seil mitgenommen, aber die Zusatzausrüstung wird nicht benötigt. Heute haben wir an der Hütte noch Zeit zum Spielen und Lesen, zum Verarzten oder Schuhe reparieren oder einfach für einen Mittagsschlaf in der Sonne. Kurz vor der Hütte gibt es einen herrlichen Bergsee mit Wollgrasmatten, in dem wir uns alle erfrischen.

Gipfelstürmertag – Grenzwanderung über die Weißwandspitze

Die Aussicht von der Magdeburger Hütte am nächsten Morgen ist grandios. Durch felsiges Gelände und steile Grashänge steigen wir in vielen Kehren zum Fuße der Weißwandspitze (3014 m) und machen auf einem Felsband Rast. Das Felsband markiert genau die Grenze zwischen metamorphen Gesteinen des dunkleren Stubai-Kristallins und den schimmernd-weißen, überlagernden triassischen Dolomiten. Wussten Sie, dass der Geologe Déodat de Dolomieu das nach ihm benannte Gestein Dolomit zuerst hier in der Tribulaun-Gruppe entdeckt hat? Über ein paar seilgesicherte Felspassagen geht es empor zum Gipfel. Oben belohnt uns ein unbeschreiblich weiter Blick. Nach dieser aussichtsreichen Gipfelpause queren wir entlang des steil abfallenden Felsbandes und kraxeln entlang des Alpenhauptkamms zwischen Österreich und Italien zum nächsten Gipfel: dem Hohen Zahn (2924 m) und weiter zur Pflerscher Scharte am Fuße des mächtigen Pflerscher-Tribulaun-Massivs. An der Scharte überquerten wir wieder die Grenze zum österreichischen Gschnitztal. Es wurde auch Zeit, denn es fing an zu regnen. Am Fuße des Tribulaun-Massivs ist ein Schotterfeld zu queren, das nicht zu unterschätzen ist. Ein Steinbock oder eine Gämse muss Felsblöcke losgetreten haben, denn wir hören es erst rumpeln und dann sehen wir, wie große Steine mit hoher Wucht über den Weg fliegen – jetzt aber schnell zur Hütte . . . Heute hatten wir eine Ländergrenze, eine geologische Grenze und so manche physische Grenze überquert, wurden aber auf der Gschnitzer Tribulaunhütte mit herrlichem Tiroler Knödel-Tris mit Salat und einer warmen Dusche verwöhnt. Nach Schafkopf- und Mäxle-Runden haben wir sehr gut geschlafen.

Durch ein Naturschutzgebiet ging es am nächsten Tag nur noch bergab zurück in das malerische Mühlendorf Gschnitz und zum Parkplatz. Das war wieder einmal eine grandiose Hüttentour und die Kinder kann man für die Ausdauer nur loben! Vielen Dank an die Familiengruppenleiter Niki und Christine Nieland – das Kursziel, Berge mit Kindern und Familie zu genießen, wurde erreicht! Ach ja, das Wetter-Inferno an der Tribulaunhütte: Die noch fehlenden Hüttengäste sind zwar klatschnass, aber wohlbehalten kurze Zeit nach dem Regenguss und Hagelschauer an der Hütte angekommen.